Suhartos Rücktritt wäre das beste Rezept gegen Indonesiens Krise

Von Helmut L. Müller
Indonesiens Staatschef Suharto ist nach dem kubanischen Führer Fidel Castro der am längsten regierende Autokrat auf unserem Planeten. Seit 32 Jahren regiert er den Inselstaat mit eiserner Faust. Inzwischen brodelt es aber in dem einstigen Tropenparadies bedrohlich. Unruhen breiten sich wie ein Flächenbrand aus. Die Auswirkungen der Asien-Krise bringen die despotische Macht des Präsidenten ins Wanken.

Rein ökonomisch ließe sich die Krise auch im Falle Indonesiens mittelfristig meistern, sofern Suharto den Rezepten der Weltmarktkräfte folgt. Die internationale Finanzwelt hat größtes Interesse daran, den Absturz der bisherigen Boomregion Asien abzufangen. Allerdings sind wirtschaftliches Desaster und soziale Unruhe in Indonesien eine direkte Folge von Suhartos Herrschaftsstil. Nur durch eine bessere Regierung, sprich: ein offeneres, freieres System kann sich das Land somit aus dem Schlamassel befreien. Die Alternative lautet: Demokratischer Wandel oder Fall in den Abgrund.

Suharto hat sein 200-Millionen-Volk wirtschaftlich weitergebracht. Aber er hat den Zuwachs an Wohlstand extrem ungleich verteilt. Nur eine schmale Schicht - vor allem der Suharto-Clan - hat von dem Aufschwung profitiert. Millionen Menschen blieben von den Früchten der Modernisierung ausgeschlossen. Auch jetzt zögert der Präsident noch, die notwendigen Reformen in Gang zu bringen, also Korruption und Vetternwirtschaft entschieden zu bekämpfen. Bis zu diesem Moment geht es ihm darum, das wirtschaftliche Imperium seiner eigenen Familie und seiner Günstlinge zu retten.

Das Heer der Habenichtse kann die horrend gestiegenen Preise für Grundnahrungsmittel nicht mehr bezahlen. Kein soziales Netz sichert jene, die jetzt ihren Job verlieren. Der Zorn der muslimischen Mehrheit über diese Verelendung macht sich Luft in Übergriffen gegen die wirtschaftlich erfolgreiche Minderheit der Chinesen. Das starke Gefälle zwischen Arm und Reich erhält zusätzlich Zündstoff durch eine ethnische Komponente.

Dies verweist auf das zweite Grundübel des Systems Suharto: Es bietet für die Bevölkerung kaum Ventile, um politischen und sozialen Druck abzulassen. Die autoritäre Politik des Präsidenten hat sich allein auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes gerichtet, politische Reformen aber peinlich vermieden.

Machterhalt ist auch in der Stunde der Krise alles, was für Suharto zählt. Der Herrscher gibt Durchhalteparolen aus und weist die Armee an, mit harter Hand gegen die Proteste vorzugehen. Im März will er sich von der handverlesenen "Beratenden Volksversammlung", in der die Staatspartei Golkar, das Militär und regimetreue Massenorganisationen alle Mitglieder kontrollieren, neuerlich zum Staatsoberhaupt küren lassen.

Bitter rächen sich heute die Versäumnisse des Westens. Trotz der Sturmzeichen hat er wenig getan, um in dem südostasiatischen "Schwellenland" rechtzeitig auf politische Ver-änderungen hinzuwirken. Ernsthafte Kritik an den Menschenrechtsverletzungen des Regimes blieb meist aus; statt dessen hofierte man Suharto mit massiven Rüstungslieferungen. Zu attraktiv erschien Indonesien als Wirtschafts- und Reisemarkt. Das Versagen des Westens setzt sich jetzt mit der Illusion fort, die Krise dieses Landes lasse sich ohne Wechsel an der Staatsspitze lösen.

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